Montag, Juli 07, 2008

Erinnerungen an die Sowjetunion

Gorbatschow ein "Verräter"? Was ist "Verrat"? Wenn der Feind ihn lobt? Wenn jemand dem Feind gefällig ist? "Viel Feind, viel Ehr" war schon immer dümmstes Zeug.

Zuerst mussten und wollten wir geloben, dass wir nie davon erzählen. So hielt ich es, solange der real-existierende Sozialismus existierte. Der ist Geschichte und auch das Gelübde.

Ich studierte in Moskau an der internationalen Parteihochschule. Es war 1982. Und die Endphase von Breschnew, noch fit, um sich Eishockey-Spiele anzuschauen.
Mich nahm man versehentlich fest, als ich ihn fotografierte. Eine Kamera in 50 m Entfernung war ein Sicherheitsrisiko in dieser weltmächtigen Sowjetunion. Ein Land mit guten Vorsätzen in der allgegenwärtigen Propaganda, damit nicht die Hoffnung im kontinuierlichen Elend der Wohnkommunen erstickte, wie nur wenige Kilometer vor den Toren der Stadt; die Einfallstraßen bewacht, damit niemand ohne guten Grund nach Moskau kam, ungebeten dort zu bleiben, denn die Hauptstadt hätte den Schein nicht wahren können, den sie für sich in Anspruch nahm, was schwierig genug war.

Die Menschen lebten in Sicherheit, glaubst Du? Sicherheit gab es nur für jene, die nicht sagten, was sie glaubten - und zum Apparat gehörten. Die Widersprüche trieben den Sozialismus nicht voran, sondern fanden sich wieder in Doppelmoral. Auf allen Ebenen. Und spaltete die Zungen. Auch meine. Als Ideologe glaubte ich, damit umgehen zu können, als Kommunist glaubte ich, damit umgehen können zu müssen, es als notwendige Zwischenstation zu verschmerzen und zu überwinden. Ein Trugschluss, denn der Apparat war dagegen, dessen Masse vom selben Typus war, wie er sich in jedem x-beliebigen System breitzumachen versteht, nur unterschiedlich schlecht kontrolliert. Und ohne Kritik konnte keine Kontrolle sein.

1985 war ich als Sekretär für Internationales eines Studentenverbandes und wieder auch in Moskau, zu den Weltfestspielen der Jugend und Studenten. Vieles hatte sich verändert in meinem Gelobten Land, aber personell schon wieder rückwärts und seitwärts weg vom Sozialismus. Trotzdem war Hoffnung, denn dazu erzieht sich jeder Humanist und noch mehr jeder aufrichtige Kommunist, weil die Abgründe zum eigenen Regime gehören, zum Durchstreiten, Durchschreiten. Die SED blieb der politischen Stagnation treu, aber die UdSSR war sozialistisch passé, denn der Apparat machte die Perestroika und zwar gegen Gorbatschow, bis zu seiner Entmachtung, in deren Folge Putschversuch und Enthronung kamen.

Dienstag, Oktober 19, 2004

projekt-info

Frage an MSR: "Bist Du eigentlich noch Sozialist?"
Antwort: "Sozial ist mir schon anstrengend genug."


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